Unternehmen, die bestimmte Wirtschaftsdelikte begangen haben, sind von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen. Das neue bundesweite Wettbewerbsregister stellt sämtlichen öffentlichen Auftraggebern nun für Vergabeverfahren Informationen zur Verfügung, ob ein Unternehmen wegen bestimmter Wirtschaftsdelikte von dem Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann. Öffentliche Auftraggeber sollen standardmäßig vor Auftragsvergaben elektronische Abfragen stellen und so Auftragnehmer aussortieren, die bestimmte Delikte begangen haben. Das Bundeskartellamt führt das Register und entscheidet auch, wenn Unternehmen beantragen, dass Delikte wieder gelöscht werden sollen.
Nun, Unternehmen mit gewissen Delikten können sich „reinwaschen“ mit der Folge, dass die Delikte nicht mehr im Wettbewerbsregister geführt werden und damit der Auftragsvergabe entgegenstehen. Die entscheidende gesetzliche Regelung ist § 8 Wettbewerbsregistergesetz (WRegG), der die vorzeitige Löschung der Eintragung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung regelt.
Das Bundeskartellamt hat zur Konkretisierung von § 8 WRegG Ende 2021 Leitlinien zur vorzeitigen Löschung einer Eintragung aus dem Wettbewerbsregister veröffentlicht. Diese bieten eine Orientierung, welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen müssen, um die Löschung einer sie betreffenden nachteiligen Eintragung zu erwirken. Bei Eintragungen muss der Antragsteller für eine Löschung die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Das Unternehmen muss konkrete Maßnahmen ergreifen, die zum einen eine angemessene Reaktion auf das jeweilige Fehlverhalten darstellen und zum anderen erwarten lassen, dass es in dem Unternehmen künftig nicht mehr zu weiterem Fehlverhalten kommen wird. Hierunter versteht man den Aufbau oder die Erweiterung einer Compliance Organisation. Konkret soll das Unternehmen technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergreifen, die präventiv zukünftige Delikte verhindern.
Grundlage für die Ermittlung angemessener Maßnahmen ist eine Risikoanalyse des Unternehmens. In personeller Hinsicht muss das Unternehmen bei der Darlegung der getroffenen Maßnahmen angeben, welche Personen an dem Fehlverhalten beteiligt waren. Welche Konsequenzen diesen Personen gegenüber zu treffen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Letztlich muss das Unternehmen ein effektives Compliance-Management System einrichten. An dieser Stelle eine Entwarnung: Ein solches System hört sich komplexer an, als es tatsächlich ist bzw. sein muss, denn es muss in erster Linie die Risikoanalyse des Unternehmens abbilden, mehr nicht.
Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist grundsätzlich eine technische und organisatorische Maßnahme, die geeignet ist, zukünftiges Fehlverhalten zu vermeiden. Zugleich ist ein Hinweisgebersystem Kernstück eines jeden Compliance Management Systems. Über ein solches Hinweisgebersystem können sich die Mitarbeitenden vertrauensvoll an das Unternehmen wenden und Hinweise zu Fehlverhalten geben. Hierbei sind sie arbeitsrechtlich vollumfassend geschützt. Das Unternehmen muss jedoch dafür sorgen, dass eine unparteiische Person innerhalb des Unternehmens die Hinweise entgegennimmt und bearbeitet. Nur wenn eine solche Person zur Verfügung steht, ist das Hinweisgebersystem hinreichend effektiv. Und ein Hinweisgebersystem muss effektiv betrieben werden, um das notwendige Vertrauen der Belegschaft zu gewinnen und – darauf kommt es hier an – den Anforderungen des Bundeskartellamts an eine Selbstreinigung zu genügen. Im Falle eines Outsourcings des Hinweisgebersystems an einen externen Dienstleister wie Hinweisgeberexperte genügt das Unternehmen jedenfalls diesen Anforderungen. Mit der Einrichtung eines Hinweisgebersystems kommt das Unternehmen zugleich den Anforderungen der EU-Whistleblower Richtlinie und des zukünftigen Hinweisgeberschutzgesetzes nach.
Eine Selbstreinigung vor dem Bundeskartellamt hat noch zwei weitere Voraussetzungen: Das Unternehmen muss ferner für jeden durch das Fehlverhalten verursachten Schaden einen Ausgleich bezahlen (oder sich hierzu verpflichten). Zusätzlich müssen die Unternehmen aktiv mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber zusammenarbeiten, um den Sachverhalt hinter der Eintragung aufzuklären.
Sollten Sie eine Selbstreinigung prüfen oder präventiv Delikte verhindern wollen, um Eintragungen von vornherein zu verhindern, dann kann es nur eine vernünftige Empfehlung geben: Prüfen Sie, inwieweit Ihr Unternehmen Compliance-Maßnahmen getroffen hat und wie effektiv diese sind. Ein Hinweisgebersystem sollte so oder so ein Kernstück der bestehenden oder zukünftigen Maßnahmen sein. Wenn Sie hierzu Fragen haben oder gerne Ihre aktuelle Compliance-Struktur besprechen wollen, melden Sie sich gerne direkt bei mir. Reservieren Sie hier direkt einen (kostenlosen) Termin mit uns, um über Ihre Fragen zu besprechen.
Wir begleiten Sie von der Konzeption über die Implementierung bis hin zur Bescheinigung der konkreten technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen. Profitieren Sie von unserer tiefen fachlichen Expertise sowie von unserem umfassenden Best Practice- und Benchmark-Know-how.
Beachten Sie bitte auch unsere FAQ zum Thema unterhalb dieses Artikels.
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Maßnahmen zur Selbstreinigung sind das Ergreifen konkreter technischer, organisatorischer und personeller Maßnahmen, die geeignet sind, weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.
§ 8 Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) regelt die Selbstreinigung. § 8 Absatz 1 WRegG regelt folgendes:
„Ist ein Unternehmen in das Wettbewerbsregister eingetragen worden, so kann es bei der Registerbehörde beantragen, dass die Eintragung wegen Selbstreinigung vor Ablauf der Löschungsfrist nach § 7 Abs. 1 WRegG aus dem Wettbewerbsregister gelöscht wird. Der Antrag ist zulässig, wenn das Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Löschung glaubhaft macht. Die Eintragung ist zu löschen, wenn das Unternehmen gegenüber der Registerbehörde die Selbstreinigung im Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c und da entsprechend § 123 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, im Übrigen entsprechend § 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für die Zwecke des Vergabeverfahrens nachgewiesen hat.“
Den gesamten Gesetzestext zur Selbstreinigung finden Sie hier.
Die Summe aller unternehmensinternen Regelungen zur Meldung von Rechtsverstößen durch Hinweisgeber, der Umgang mit diesen Meldungen und Folgen dieser Meldungen für das Unternehmen und den Hinweisgeber wird als Hinweisgebersystem bezeichnet. Ein solches Hinweisgebersystem wird durch die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie im Jahr 2022 für Unternehmen ab 250 Arbeitnehmern bald verpflichtend sein.
Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist eine technische und organisatorische Maßnahme, die geeignet ist, zukünftiges Fehlverhalten zu vermeiden.
Ein CMS ist die Summe der unternehmensinternen Maßnahmen zur Förderung rechts- und regelkonformen Verhaltens für alle Compliance-Themen. Ein CMS minimiert Compliance-Risiken und schafft damit die Basis für eine prozessual und methodisch effektive Umsetzung externer und interner Regelungen und Vorgaben. Nicht zuletzt gibt das CMS auch Mindestanforderungen für Compliance-relevante Prozesse und Verfahren vor. Kern eines Compliance Management Systems ist ein internes Hinweisgebersystem. Für die konkrete Ausgestaltung eines CMS gibt es zum Beispiel folgenden Prozess: Die Basis kann der anerkannte CMS-Prüfungsstandard IDW PS 980 bilden.
Wir begleiten Sie von der Konzeption über die Implementierung bis hin zur Bescheinigung eines CMS für Ihr Unternehmen. Profitieren Sie von unserer tiefen fachlichen Expertise sowie von unserem umfassenden Best Practice- und Benchmark-Know-how.
Unternehmen, die eine Selbstreinigung für Einträge im Wettbewerbsregister durchführen wollen, benötigen ein CMS inklusive eines Hinweisgebersystems, um zu demonstrieren, dass konkrete technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen wurden, die geeignet sind, weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.
Unter Compliance Management versteht man die Einrichtung einer Compliance Struktur in Organisationen, welche die Einhaltung der Rechtsordnung in dieser Organisation sicherstellen soll. Zur Compliance Struktur gehören etwa besondere Prüfprozesse im Rahmen eines internen Kontrollsystems, die Schulung der Mitarbeiter und dementsprechende Weisungen. Zusätzlich ist durch die Whistleblower-Richtlinie auch ein Hinweisgebersystem einzurichten, das Hinweisgebern anonyme Meldungen über Rechtsverstöße ermöglicht.
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