Regierung Deutschland

„Fortschritt wagen“ – weitreichende Pläne der neuen Regierung im Bereich Hinweisgeberrecht und Compliance

Die neue Regierung hat ihre Pläne für den Bereich Hinweisgeberrecht und Compliance bekannt gegeben. Wie zu erwarten, kommen gerade auf mittelständische Unternehmen neue Pflichten zu. Warum? Die Regierung wird eine EU Whistleblower-Richtlinie weitreichender umsetzen, als sie das müsste. Zudem plant die Regierung (nicht zum ersten Mal) ein umfassendes Sanktionsrecht („Unternehmensstrafrecht“) für Unternehmen.

Umsetzung EU Whistleblower-Richtlinie

Im Koalitionsvertrag haben sich die Koalitionsparteien darauf geeinigt, die Richtlinie nicht 1:1, sondern „überschießend“ umzusetzen, also weitergehende Regelungen zu treffen, als durch die Richtlinie vorgegeben. Eine solche überschießende Umsetzung dürfte darauf herauslaufen, dass die geschützten Meldesachverhalte in einem nationalen Hinweisgeberschutzgesetz auf Verstöße gegen nationales Recht und sonstiges Fehlverhalten ausgedehnt werden. Zudem beabsichtigt die Koalition, Hinweisgeber noch weitergehender zu schützen, als dies aktuell der Fall ist. Als wäre dies nicht genug, plant die neue Regierung, finanzielle Unterstützungsangebote für Hinweisgeber in Betracht zu ziehen. Dies bedeutet nichts anderes, als finanzielle Anreize für Hinweisgeber zu erwägen. Gerade die Schaffung finanzieller Anreize zeugt von einem schärferen legislativen Wind, der für die Unternehmenspraxis massive Folgen haben wird.

Unabhängig von der konkreten Umsetzung machen diese Pläne jedenfalls eines klar: Die neue Regierung befürwortet den Hinweisgeberschutz ohne Vorbehalte und wird die EU Whistleblower weitergehender umsetzen, als die Große Koalition dies beabsichtigte. Unternehmen ab 50 Mitarbeiter:Innen werden sich in der nächsten Legislaturperiode mit dem Thema befassen müssen.

Unternehmenssanktionen

Laut Koalitionsvertrag sollen „ehrliche Unternehmen“ vor rechtsuntreuen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern geschützt werden. Daher sollen die Vorschriften der Unternehmenssanktionen überarbeitet werden, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen.

Dieses Bekenntnis zu neuen, weitergehenden Regelungen im Bereich der Unternehmenssanktionen dürfte nichts anderes bedeuten als neue Pflichtenkataloge für Unternehmen und sonstige Verbände. „Compliance“ wird auch für diese Unternehmen relevant werden, die dieses Thema bis dato noch nicht im Blick haben.

Hinweisgeberexperte erwartet, dass für die Sanktionierung von Unternehmen eine eigene rechtliche Grundlage geschaffen wird. Zwar hatte auch die Große Koalition entsprechende Pläne, jedoch ist von der neuen Regierung in dieser Hinsicht mehr zu erwarten – oder zu befürchten, je nach dem von welchem Standpunkt aus man diese Entwicklungen betrachtet. Eines dürfte aber unstrittig sein: Das abstrakte Ziel einer gesteigerten Rechtssicherheit für Unternehmen hinsichtlich ihrer Compliance-Pflichten ist ausdrücklich zu begrüßen.

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