Betriebsrat

Hinweisgeberschutz und Betriebsrat: Rolle des Betriebsrats bei der Implementierung eines Hinweisgebersystems

Entscheidet sich ein Unternehmen mit Betriebsrat zur Einführung eines Hinweisgebersystems, stellt sich schnell die Frage: Sollen wir den Betriebsrat in den Prozess miteinbeziehen? Unsere Antwort: Ja, Sie sollten.
Hinweisgeberexperte hat für Kunden in vielen Fällen die Kommunikation mit dem Betriebsrat übernommen. Wir kamen mit allen Betriebsräten überein. Sofern es Fragen des Betriebsrates gab, haben wir diese stets ausräumen können. In diesem Blogbeitrag geben wir wichtige Empfehlungen aus unserer Praxis für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat.

Zusammenfassung

Holen Sie Ihren Betriebsrat rechtzeitig mit ins Boot!
Ungeachtet von eventuell bestehenden gesetzlichen Mitbestimmungsrechten sollten Sie Ihren Betriebsrat bei der Implementierung eines Hinweisgebersystems frühzeitig involvieren. Auf diese Weise können Sie die Akzeptanz des Hinweisgebersystems im Unternehmen erhöhen und langwierige Verhandlungen mit dem Betriebsrat vermeiden.

Beteiligung des Betriebsrats bei der Implementierung des Hinweisgebersystems

Unternehmen, in denen ein Betriebsrat besteht, müssen berücksichtigen, dass die Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes Beteiligungsrechte des Betriebsrates mit sich bringen kann. Wir raten in jedem Falle dazu, den Betriebsrat frühzeitig mit ins Boot zu nehmen. Wenn Unternehmen Hinweisgeberexperte für die Einrichtung und den Betrieb des Hinweisgebersystems beauftragen, treffen sich unsere Experten bei Bedarf mit einzelnen Betriebsräten, um das Hinweisgebersystem zu erläutern und den Betriebsrat auf diesem Wege abzuholen.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rechte des Betriebsrats:

Unterrichtung

Zunächst sollten die Unternehmen den Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG vorab über die geplante Einrichtung eines Hinweisgebersystems unterrichten. Der Hintergrund: Der Unterrichtungsanspruch soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob Beteiligungsrechte bestehen oder ob sonstige Aufgaben wahrzunehmen sind.

Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG


Die Einführung eines Hinweisgebersystems löst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. Nr. 1 BetrVG aus. Danach hat der Betriebsrat bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb mitzubestimmen.
Das Mitbestimmungsrecht besteht insoweit, wie das Hinweisgeberschutzgesetz den Beschäftigten einen Gestaltungspielraum lässt. Bei der Entscheidung des „OB“, also ob eine interne Meldestelle errichtet wird, besteht daher kein Mitbestimmungsrecht, weil Unternehmen eine Meldestelle einrichten müssen.
Im Hinblick auf das „WIE“ des Hinweisgebersystems, also die Ausgestaltung des Hinweisgebersystems im Detail, bestehen jedoch Gestaltungsspielräume. Bereits die Frage, ob das Unternehmen die interne Meldestelle im Unternehmen selbst oder bei einem externen Dritten errichtet werden soll, ist in der Regel mitbestimmungspflichtig. Gleiches gilt für die Frage, wie hinweisgebende Personen Hinweise einreichen können (also mündliche und schriftliche Meldungen). Auch das weitere Verfahren bezüglich der Bearbeitung der eingegangenen Hinweise bietet Spielräume für Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates.
Unternehmen sollten die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates auch dann beachten, wenn sie die interne Meldestelle bei einem externen Dritten wie Hinweisgeberexperte einrichten. Der Betriebsrat hat jedoch kein Mitspracherecht, an welchen Dienstleister das Unternehmen die Errichtung und den Betrieb des Hinweisgebersystems vergibt.
Hinweisgeberexperte begleitet Kunden in allen Fragen der Einbindung des Betriebsrats. Falls erwünscht, stellen wir auch spezialisierte Rechtsanwälte zur Verfügung.

Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG

Sofern das geplante Hinweisgebersystem den Einsatz von technischen Einrichtungen (= digitales Hinweisgebersystem) vorsieht, ist das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beachten. Danach besteht ein Mitbestimmungsrecht, wenn eine technische Einrichtung eingesetzt werden soll, die dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung von Beschäftigten zu überwachen. Dabei genügt es entgegen dem Wortlaut der Norm, dass die Einrichtung objektiv zur Überwachung geeignet ist. Daher wird beispielsweise die Einführung eines online-basierten Hinweisgebersystems in aller Regel mitbestimmungspflichtig sein.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Einstellung und Versetzung

Zudem sollten Unternehmen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Einstellungen und Versetzungen gemäß § 99 BetrVG beachten. Bei der personellen Ausstattung der Meldestelle kann es sowohl zu Neueinstellungen als auch zu Versetzungen kommen. Letzteres wäre der Fall, wenn die Meldestellenfunktion auf einen oder mehrere Beschäftigte übertragen wird und sich dadurch deren Aufgabenbereich erheblich ändert.
Bei einem Outsourcing der Meldestelle an Dienstleister wie Hinweisgeberexperte stellt dieses Mitbestimmungsrecht kein Thema für die Unternehmen dar.

Unterrichtungs-, Beratungs- und Vorschlagsrechte bezüglich Berufsbildungsmaßnahmen

Schließlich sollten Unternehmen die Betriebsräte im Vorfeld etwaiger Schulungsmaßnahmen, die aufgrund der Errichtung und des Betriebs einer internen Meldestelle erforderlich werden, ordnungsgemäß nach §§ 96 ff. BetrVG beteiligen. Der Hintergrund: Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht vor, dass Beschäftigte dafür Sorge zu tragen haben, dass die mit den Aufgaben der internen Meldestelle beauftragten Personen geschult werden. So möchte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die in den Meldestellen eingesetzten Beschäftigten, über die für die Anwendung des Hinweisschutzgesetzes erforderlichen Fachkenntnisse verfügen und insbesondere die Vertraulichkeit der Identität der von einer Meldung betroffenen Personen wahren.

Hinweisgeberexperte kooperiert mit Betriebsrat

Wir stehen unseren Neukunden für Informationsgespräche mit dem Betriebsrat zur Verfügung. Binden uns Kunden rechtzeitig ein, können wir die Kommunikation des Hinweisgebersystems mit dem Betriebsrat übernehmen.

Konsequenzen unterbliebener Mitbestimmung

Bestreitet der Arbeitgeber, dass die Implementierung eines Hinweisgebersystems mitbestimmungspflichtig ist, steht dem Betriebsrat die Möglichkeit offen, sich mit einem Feststellungsantrag an das Arbeitsgericht zu wenden. Wurde ein Hinweisgebersystem bereits unter Missachtung bestehender Mitbestimmungsrechte eingeführt, kann der Betriebsrat Unterlassungsansprüche geltend machen. Dies dürfte jedoch sehr selten vorkommen. In der Regel begrüßen Betriebsräte die Implementierung von Hinweisgebersystemen und die Bestellung externer Meldestellen.

Weitergehender Hinweis: Betriebsvereinbarung und interne Untersuchung

Gerade im Falle eingehender Hinweise und daraus resultierender interner Untersuchungen ist schnelles Handeln unerlässlich. Um Geschwindigkeit zu gewährleisten, müssen Unternehmen die erforderlichen Abstimmungen mit dem Betriebsrat bereits im Vorfeld treffen. Sie sollten daher die essenziellen Voraussetzungen für die Einleitung einer internen Untersuchung sowie die Vorgehensweise bei der konkreten Durchführung im Rahmen einer Betriebsvereinbarung regeln.

Empfehlung: Frühe Einbindung des Betriebsrats

In jedem Fall sollten Sie Ihren Betriebsrat möglichst frühzeitig in die Entscheidungen miteinbeziehen. Auf diese Weise können Sie Ihrem Betriebsrat die Vorteile des Hinweisgebersystems vermitteln und somit die Akzeptanz des Hinweisgebersystems im Unternehmen erhöhen. Wenn Ihr Betriebsrat das neue Hinweisgebersystem akzeptiert, wird sich dieser auch gegenüber Ihren Mitarbeitern für die Nutzung des Hinweisgebersystems einsetzen.
Für konkrete Gespräche mit Ihrem Betriebsrat stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Ihre Autoren: Dr. Maximilian Degenhart, Rechtsanwalt & Compliance Officer (TÜV) Nicole Habersetzer, Juristin
Cookie Consent mit Real Cookie Banner