Neue Haftungsrisiken

Fragen und Antworten zum Thema Haftungsrisiken.

Die Risiken

Compliance Verstöße führen zu einer persönlichen Haftung der Beteiligten. Compliance Verstöße können zur persönlichen Haftung der (unbeteiligten) Geschäftsführer führen, wenn diese keine Vorsorgemaßnahmen getroffen haben (z. B. internes Hinweisgebersystem). Compliance Verstöße können für das Unternehmen Strafen in Millionenhöhe zur Folge haben. Compliance Verstöße führen für Kommunen neben Geldstrafen in Millionenhöhe auch zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Öffentlichkeit und zu politischen Risiken für die gewählten Vertreter.

Neue und größere Haftungsrisiken drohen folgenden Personen im Unternehmen:

  • Die Unternehmensleitung haftet persönlich, wenn sie selbst einen Gesetzes- oder Regelverstoß begeht.
  • Die Unternehmensleitung haftet persönlich, wenn sie aufgrund fehlender oder unzureichender Einrichtung eines Compliance-Systems oder dem Fehlen eines Hinweisgebersystems ihren Organisations- und Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist.
  • Neben der Unternehmensleitung drohen auch den leitenden Angestellten, die einen Compliance Verstoß wissentlich oder unwissentlich nicht verhindert haben, strafrechtliche, arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen.

Die Unternehmensleitung setzt sich dem Risiko der persönlichen Haftung gegenüber dem Unternehmen, arbeitsrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen aus. Daneben muss auch mit dem Wegfall von Erfolgszahlungen gerechnet werden.

Neue Compliance Pflichten vergrößern Haftungsrisiken

Am 16. Dezember 2019 trat die EU Whistleblower Richtlinie in Kraft. Die Umsetzungsfrist lief bis zum 17. Dezember 2021. In Deutschland ist bereits seit dem 2. Juli 2023 ein nationales Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft.

Die EU Whistleblower Richtlinie sowie das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verpflichten Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern dazu, ein internes Hinweisgebersystem einzurichten. Dieses soll den Hinweisgebern ermöglichen anonym, ohne etwaige arbeitsrechtliche oder zivilrechtliche Konsequenzen zu befürchten, Compliance Verstöße zu melden. Auch kleinere Unternehmen sind betroffen. Mehr Details finden Sie hier.

Darüber hinaus verschärft das Verbandssanktionengesetz die Haftungsrisiken der handelnden Personen im Unternehmen und der Kommune. Der bisherige Entwurf des Verbandssanktionengesetzes ermöglicht es, neben der bereits bestehenden Haftung der Handelnden, künftig eine weitreichende Unternehmenshaftung für Verstöße, die innerhalb eines Unternehmens begangen werden. Das Verbandssanktionengesetz gilt sowohl für juristische Personen des Privatsrechts als auch für solche des öffentlichen Rechts und sieht empfindliche Geldstrafen für die Fälle der Begehung von Verbandsstraftaten durch Leitungspersonen selbst und durch Mitarbeiter, wenn die Verbandsstraftet durch die Leitungsperson hätte verhindert werden können, vor. Mehr Details finden Sie hier.

Ein Compliance Verstoß ist auf allen Hierarchieebenen denkbar. Jeder Mitarbeiter eines Unternehmens hat die Pflicht, Gesetze, ethische Maximen und Kodizes einzuhalten. Ein besonderes Risiko stellen solche Verstöße dar, die nicht für jedermann offensichtlich sind. Insbesondere den leitenden Angestellten kommt die Aufgabe zu, Compliance Verstöße zu verhindern.

Neben den allgemeinen strafrechtlich verfolgbaren Delikten, besteht in der öffentlichen Verwaltung das Risiko der Verwirklichung von Amtsträgerdelikten durch den Handelnden, wie beispielsweise der Vorteilsannahme und -gewährung im Amt oder der Bestechlichkeit und Bestechung im Amt, welche im Gegensatz zu den allgemeinen strafrechtlichen Delikten einen höheren Strafrahmen vorsehen. So wird eine Bestechlichkeit im Amt mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet.

Für öffentliche Unternehmen gilt: Sollte es sich bei der Unternehmensleitung um Vertreter der öffentlichen Hand handeln, so haften diese ebenso wie die Unternehmensleitung im privaten Sektor.

Der Bußgeldrahmen, den der Gesetzgeber im aktuellen Gesetzesentwurf des Verbandssanktionengesetzes zugrunde legt, sieht bei einem vorsätzlichen Verstoß eine Strafe von tausend Euro bis zu zehn Millionen Euro vor. Erfolgt der Verstoß fahrlässig, so beträgt das Bußgeld mindestens 500 und maximal fünf Millionen Euro. Bei einem Verband mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als einhundert Millionen Euro gilt ein umsatzbasierter Strafrahmen, welcher bei vorsätzlichen Verstößen maximal zehn Prozent und bei fahrlässigen Verstößen maximal fünf Prozent des weltweiten Konzernumsatzes beträgt. Bei einer großen Anzahl der Geschädigten besteht außerdem die Möglichkeit der Veröffentlichung der Verbandstat im Internet. Daneben führen Compliance Verstöße zu Reputationsschäden, dem Risiko der zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen, dem Entzug von Gewerbeerlaubnissen, dem Ausschluss von öffentlichen und privaten Auftragsvergaben und erheblichen Rechtsverfolgungskosten.

Um die Konsequenzen von Compliance Verstößen zu minimieren, ist es unerlässlich ein internes Hinweisgebersystem und/oder ein funktionierendes, praxistaugliches Compliance-System zu etablieren. Hinweisgebersysteme und Compliance-Systeme dienen nicht nur dazu, das Haftungsrisiko für die Unternehmensführung im Fall eines Verstoßes zu verhindern, sondern auch dazu, Regel- und Gesetzesverstöße von vornherein zu unterbinden.

Selbst nach einem Gesetzesverstoß kann sich die Bemühung um ein funktionierendes Compliance-System strafmildernd auswirken.