Erste Urteile zum Hinweisgeberschutzgesetz: Beschäftigter fordert vom Arbeitgeber über 44.500 EUR Schadensersatz.

Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren

Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren.

Zusammenfassung:

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz sieht hohe Bußgelder für Unternehmen vor, welche die Pflichten des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht erfüllen. Ein weiteres Risiko: Beschäftigte können mit Verweis auf Verletzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes Schadensersatzforderungen gegen den Arbeitnehmer erheben. Hierzu gibt es nunmehr ein erstes Urteil. Dies zeigt, dass nun Gerichte, hier ein Arbeitsgericht, die Regelungen beachten. Verpflichtete, die kein Hinweisgebersystem haben oder nur ein Hinweisgebersystem, welches die vielen Detailvorgaben des Gesetzes nicht einhält, droht daher das Risiko, schneller „aufzufliegen“. Denn jeder Arbeitsrechtler wird, sofern sich ein Anhaltspunkt ergibt, dieses Thema aufgreifen und in einem Prozess geltend machen.

Um was ging es?
Das Arbeitsgericht Hamm (16.2.24, 2 Ca 1229/23, Abruf-Nr. 241011) wies die Klage ab. Der Beschäftigte habe keinen Anspruch auf Schadenersatz. Dies sei schon deshalb der Fall, da der Beschäftigte sich nicht an die Meldestelle des Unternehmens gewendet hat, sondern seine Hinweise in einem Personalgespräch mitteilte. Zudem lagen im konkreten Fall auch andere Voraussetzungen für den Anwendungsfall des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht vor.

Bedeutung des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) für Unternehmen:

Seit einigen Monaten sorgt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in vielen Unternehmen für Diskussionen. Viele sind sich nicht bewusst, dass die Nichteinrichtung einer gesetzeskonformen internen Meldestelle neben Ordnungsgeldern auch individualrechtliche Konsequenzen im Kündigungsschutzprozess nach sich ziehen kann. Dies gilt unabhängig von der Größe des Betriebs.
Regelung für Kleinbetriebe:
Derzeit sind nur Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten verpflichtet, interne Meldestellen zu betreiben. Wenn jedoch ein Arbeitnehmer in einem kleinen Betrieb oder bei einer Anstellung von weniger als sechs Monaten einen Rechtsverstoß gemäß § 2 HinSchG an eine externe Meldestelle meldet und kurz darauf eine Kündigung erhält, deutet vieles darauf hin, dass in solchen Fällen der Schutz nach § 36 Abs. 1 HinSchG greift.
Bedeutung von § 36 Abs. 1 HinSchG im Kündigungsschutzverfahren:
§ 36 Abs. 1 HinSchG verbietet Repressalien, wie z.B. Kündigungen, gegen hinweisgebende Personen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Betrieb des kündigenden Arbeitgebers dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unterliegt. Die Beschäftigung von nur 10 oder weniger Arbeitnehmern im Unternehmen oder die kurze Beschäftigungsdauer von weniger als 6 Monaten des Arbeitnehmers sind unerheblich. Beruft sich die gekündigte hinweisgebende Person auf § 36 Abs. 1 HinSchG, wird nach § 36 Abs. 2 HinSchG im Rahmen der dort geregelten zivilrechtlichen Beweislastumkehr widerlegbar vermutet, dass die Kündigung eine verbotene Repressalie ist. Damit ist die Kündigung unwirksam gemäß § 134 BGB und § 36 Abs. 1 HinSchG.
Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren:
Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit zu beweisen, dass die Kündigung nicht auf der Meldung des Hinweisgebers beruht, sondern auf anderen, nachvollziehbaren Gründen. Dies gelingt insbesondere, wenn der Arbeitgeber eine interne Meldestelle gemäß den Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes eingerichtet hat, die die Identität der hinweisgebenden Person vertraulich behandelt. In solchen Fällen fehlt oft der kausale Zusammenhang zwischen dem Hinweis und der Kündigung, sodass die gesetzliche Vermutung nicht zur Anwendung kommt.
Fehlt es an einem solchen Hinweisgebersystem, muss der Arbeitsgeber andere ausreichend gerechtfertigte Gründe für die Kündigung darlegen und in den Kündigungsschutzprozess einführen. Dies können beispielsweise Schlechtleistungen oder Verletzungen vertraglicher Pflichten der hinweisgebenden Person sowie betriebsbedingte Gründe sein.

Empfehlung:

Eine Absicherung der verpflichteten Unternehmen und Behörden setzt ein rechtssicheres Hinweisgebersystem voraus. Hierzu zählt natürlich auch, dass fachkundige Personen das Hinweisgebersystem verantworten. Sofern keine Compliance Kompetenz innerhalb der Organisation vorhanden ist, empfehlen wir das Outsourcing an Experten wie Hinweisgeberexperte. Denn Lücken im eigenen Hinweisgebersystem werden irgendwann rauskommen. So wird jeder Arbeitsrechtler, sofern sich ein Anhaltspunkt ergibt, dieses Thema aufgreifen und in einem Prozess geltend machen. Dann drohen Schadensersatzforderungen und Bußgelder.

Sprechen Sie uns hierzu gerne an

Kontakt zu Hinweisgeberexperte

Ihr Ansprechpartner bei der Implementierung und Umsetzung eines rechtssicheren Hinweisgebersystems: Dr. Maximilian Degenhart

Autor: RA Dr. Maximilian Degenhart, Geschäftsführer Hinweisgeberexperte. Der Compliance Dienstleister Hinweisgeberexperte berät Mandanten bei der Einrichtung von Hinweisgebersystemen und nimmt Aufgaben von internen Meldestellen wahr. Wir betreiben Hinweisgebersysteme für mittelständische Unternehmen, börsennotierte Konzerne, Landkreise, Kommunionen und öffentliche Unternehmen.
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Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz

Weitere Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie auf unserer Homepage und auf unserem YouTube-Kanal:
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