Neue EU-Richtlinie verschärft Sanktionen

Neue EU-Richtlinie verschärft Sanktionen: Was Unternehmen wissen müssen

Zusammenfassung
Unternehmen müssen sich auf Verschärfungen einstellen. Am 20. Mai ist eine neue EU-Richtlinie* in Kraft getreten, die Straftatbestände neu definiert und Verstöße gegen EU-Sanktionen härter unter Strafe stellt. Die Harmonisierung der Ahndung von Verstößen auf EU-Ebene trägt zur Schaffung einheitlicher und grenzüberschreitender Compliance-Standards bei, was Unternehmen langfristig zugutekommt.
Unternehmen mit Beziehungen zu Risikoländern müssen jedoch ihre Compliance-Programme genau überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Sie müssen sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorbereiten, Kontrollmechanismen implementieren und ihre Mitarbeiter schulen, um die ab Mai 2025 drohenden massiven Sanktionen abzuwehren.
Hintergrund: Restriktive Maßnahmen der Union
Diese neue Richtlinie setzt Mindeststandards innerhalb der EU und definiert bestimmte Verstöße gegen EU-Sanktionen als Straftaten, die zukünftig mit deutlich höheren Strafen geahndet werden. Restriktive Maßnahmen , wie Wirtschafts- und Finanzsanktionen, Reisebeschränkungen und Embargos, dienen der Verwirklichung der Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die EU hat in den letzten Jahren zahlreiche Sanktionen gegen Länder und natürliche sowie juristische Personen verhängt. Diese Sanktionierungen werden auch für Unternehmen immer relevanter und stellen hohe Anforderungen an ihre Compliance-Systeme.
Bislang variieren die nationalen Straftatbestände und Durchsetzungsvorschriften in den EU-Mitgliedstaaten stark, da die Regelung des Strafrechts grundsätzlich in deren eigenen Kompetenz liegt. Am 28. November 2022 beschloss der Rat der Union einstimmig, Verstöße gegen restriktive Maßnahmen in die Liste der „EU-Straftatbestände“ in Artikel 83 AEUV aufzunehmen. Die EU darf Mindestvorschriften für solche Straftaten festlegen, die als besonders schwerwiegend und grenzüberschreitend gelten.
Die neue Richtlinie: Definition und Sanktionen
Die neue Richtlinie schafft Mindeststandards innerhalb der EU, indem sie konkrete Straftatbestände und Sanktionen im Zusammenhang mit Verstößen gegen EU-Sanktionen definiert und die Mitgliedstaaten verpflichtet, das national geltende Recht bis Mai 2025 entsprechend anzupassen.

Die EU-Richtlinie regelt, welche vorsätzlichen Verstöße gegen EU-Sanktionen unter Strafe gestellt werden müssen. Hierzu gehören:

  • Verstöße gegen Bereitstellungs- oder Einfriergebote
  • Ermöglichung der verbotenen Einreise bei Finanzsanktionen gegen gelistete Personen
  • Handel mit sanktionierten Waren
  • Erbringung verbotener Finanz- und sonstiger Dienstleistungen
  • Umgehung von Sanktionen
  • Missachtung von Genehmigungsbedingungen
Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, ob sie Handlungen, die Gelder, Waren, Dienstleistungen oder Tätigkeiten im Wert von weniger als 10.000 EUR betreffen, unter Strafe stellen.
Grob fahrlässige Verstöße gegen sensitive Güter, die aufgeführt sind, sollen ebenfalls strafbar sein. Ebenso wie die Anstiftung, Beihilfe und teilweise der Versuch der Begehung von in Art. 3 genannten Straftaten.
Sanktionen für natürliche und juristische Personen
Die Richtlinie definiert auch das Strafmaß für Verstöße gegen EU-Sanktionen. Für natürliche Personen können Geldstrafen und Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr bis zu fünf Jahren verhängt werden. Für juristische Personen sind Geldbußen von bis zu 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes ihres vorangegangenen Geschäftsjahres oder bis zu 40 Mio. EUR vorgesehen. Verstöße von Personen, die eine Führungspositionen innerhalb der betreffenden juristischen Person innehaben, werden der juristischen Person zugerechnet. Neben Geld- und Freiheitsstrafen können auch weitere Sanktionen getroffen werden. Flankierende Maßnahmen umfassen unter anderem die Entziehung von Genehmigungen, den Ausschluss von Vergabeverfahren, das Verbot zur Bekleidung von Führungspositionen und die Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung. Die Sanktionen müssen stets wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Zudem regelt die Richtlinie die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden, der Kommission, Europol, Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft.
Umsetzung in nationales Recht
Deutschland verfügt bereits über umfassende Straftatbestände zur Ahndung von Verstößen gegen EU-Sanktionen, insbesondere gemäß §§ 17, 18 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Dennoch sind Anpassungen erforderlich, da einige der künftig strafbaren Handlungen bisher nur als Ordnungswidrigkeiten gelten. Außerdem müssen die Mindestanforderungen an Geldbußen für juristische Personen überprüft werden, um den neuen EU-Vorgaben zu entsprechen. Der deutsche Gesetzgeber wird in diesem Zusammenhang klären müssen, ob die Höhe der Geldstrafe einer juristischen Person zukünftig an den weltweiten Gesamtumsatz geknüpft sein wird oder die Höchststrafe auf 40 Mio. EUR festgelegt wird. Zur Umsetzung der neuen Richtlinie muss der Gesetzgeber entweder Sonderregelungen für Verstöße gegen die in der EU-Richtline definierten Straftatbestände schaffen oder bestehendes Recht (§ 30 OWiG) neufassen.
* Richtlinie (EU) 2024/1226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/1673
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Autor: RA Dr. Maximilian Degenhart, Geschäftsführer Hinweisgeberexperte. Der Compliance Dienstleister Hinweisgeberexperte berät Mandanten bei der Einrichtung von Hinweisgebersystemen und nimmt Aufgaben von internen Meldestellen wahr. Wir betreiben Hinweisgebersysteme für mittelständische Unternehmen, börsennotierte Konzerne, Landkreise, Kommunionen und öffentliche Unternehmen.
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