Interne wie externe Meldekanäle müssen nach dem geänderten HinSchG jetzt doch ab 1. Januar 2025 die Möglichkeit der anonymen Meldung und der nachfolgenden anonymen Kommunikation mit dem Hinweisgeber bereitstellen. Während die Bearbeitung anonymer Meldung im Referentenentwurf bloß empfohlen wurde, fand sich im Regierungsentwurf eine Soll-Vorschrift. Nunmehr ist die Bearbeitung anonymer Meldungen Pflicht (vgl. § 16 Abs. 1 S. 4-6 HinSchG). Aus Compliance-Sicht ist diese Änderung begrüßenswert, da sie eine weitere potentielle Hemmschwelle für Hinweisgeber abbaut.
Für diejenigen Unternehmen, deren Meldekanal bisher der klassische „Kummerkasten“ (Briefkasten) war, wird diese Änderung mit Aufwand verbunden sein. Ein solcher Briefkasten dürfte dem Erfordernis nach anonymer Kommunikation nicht gerecht werden. Offen bleibt, ob die einfache E-Mail-Adresse als Meldekanal diesen Anforderungen (noch) gerecht wird.
Die Pflichten hinsichtlich anonymer Meldungen greifen nach der Übergangsvorschrift erst ab 1. Januar 2025 (§ 42 Abs. 2 HinSchG). Das spätere Inkrafttreten dieser Pflicht begründet der Gesetzgeber mit den Zusatzkosten für die notwendigen technischen Vorrichtungen oder der Beauftragung einer Ombudsperson sowie mit den zusätzlichen Belastungen bei der konkreten Einrichtung der Meldestelle (vgl. Beschlussempfehlung HinSchG, S. 61).
Aber: Bereits aus §130 OWiG ergibt sich aktuell die Verpflichtung zur Berücksichtigung plausibler, anonymer Hinweise.
Daneben halten wir es für sehr wichtig, Hemmschwellen für Meldungen abzubauen. Daher empfehlen wir die Ermöglichung anonymer Meldungen. Denn hierdurch schaffen Unternehmen Anreize, das eigene, interne Hinweisgebersystem zu nutzen – und nicht das Hinweisgebersystem einer öffentlichen Stelle.